이라크 포로 학대 문제와 맞물려 독일에서도 고문 문제에 대한 자기 반성까지는 몰라도, 아무튼 여론을 환기시키려는 시도가 보인다.
독일의 사회학자 볼프강 조프스키(Wolfgang Sofsky)는 대부분의 유럽연합국들 역시 최근에까지 고문이 남의 일이 아니었음을 폭로한다. 프랑스는 알제리에서, 벨기에는 콩고에서, 영국은 북아일랜드에서, 스페인과 포르투갈, 그리스는 독재 치하에서, 폴란드와 헝가리는 공산당 치하에서... 독일은 -동독 감옥에서- 80년대 까지 고문이 횡행했다고 한다.
"고문은 인간 존엄을 파괴한다고들 주장한다. 그러나 그 주장은 어쨌거나 올해의 사건을 과소평가한 것이다. 마치 고문자로 나선 종복들에게 부족한 것은 오로지 인간 존엄에 대한 존중뿐이기라고 한 것처럼 말이다. 그러나 진실은 고문이 인간의 정수를 파괴한다는 것이다."
고문이 인간의 존엄성 '따위'가 아니라 인간 자체를, 삶과 존재를 송두리째 파괴한다는 것. 인류는 정녕 몰랐는지......
Folter ist ein Selbstzweck
Aussagen von Gefolterten sind gefährlich. Gegen Terror genügen die alten Waffen
von Wolfgang Sofsky
Die Folter ist kein Tabu. Vielerorts wird sie praktiziert, öffentlich wird ihre Berechtigung debattiert. Ein Verbot zu beschwören, installiert noch kein Tabu. Denn Tabus gelten stets unbefragt. Die Appelle der Entrüstung verkünden lediglich ein rechtliches Dogma. Dass ein einstmals gesetztes Prinzip wie die Achtung der Menschenwürde als "abwägungsfest" oder "unverbrüchlich" ausgegeben wird, enthebt nicht von der Notwendigkeit seiner Begründung.
Die deutsche Folterdebatte zeichnet sich nicht gerade durch Klarheit und Substanz aus. Pathetische Gesten ersetzen Argumente, Selbstgerechtigkeit überdeckt Ignoranz. Was die Tortur anlangt, haben Deutschland und Europa nicht den geringsten Vorsprung vor anderen Nationen. Sich auf einer höheren Treppenstufe der Zivilisation zu wähnen ist Hochmut und Heuchelei. Fast jede Nation der EU kennt die Folter aus seiner jüngsten Geschichte: Frankreich in Algerien, Belgien im Kongo, Großbritannien in Nordirland; Spanien, Portugal und Griechenland unter der faschistischen Diktatur, Polen und Ungarn unter der kommunistischen Parteiherrschaft. In Deutschland währte die Zeit der Folter bis in die achtziger Jahre - in den Gefängnissen der DDR. Seit Jahren unterhält die Bundesrepublik, die sich als Hüterin der Menschenrechte geriert, freundschaftliche Beziehungen zu den Folterregimen in Ägypten, Tunesien, Russland, China oder der Türkei.
Ein Rechtsgrundsatz schützt nicht vor politischen oder ethischen Dilemmata. Die hypothetische Frage, ob es gerechtfertigt sei, einem Massenmörder Gewalt anzutun, um rechtzeitig Anschlagspläne zu erfahren und so das Leben Hunderter zu retten, wird als juristische Rabulistik verdammt. Lebensrettung rechtfertige keinen Rechtsbruch, die "Würde" des Massenmörders rangiere vor dem Schutz der Opfer und der nationalen Sicherheit. Offenkundig würde das Grundrecht in diesem Fall keine Gerechtigkeit garantieren. Denn der Staat hat nicht nur die Würde, sondern vor allem das Leben seiner Bürger zu schützen. Tatschuld stünde so gegen vielfache Unterlassungsschuld. Im realen Notfall zöge jede Dezision einen fundamentalen Rechtsbruch nach sich.
Die Behauptung, die Tortur verletze die Menschenwürde, ist allerdings die Untertreibung dieses Jahres. Als ließen es Folterknechte nur an der Achtung der menschlichen Würde fehlen. In Wahrheit zerstört die Tortur die Essenz des Menschen. Sie eliminiert das Handeln und zerschlägt die Person durch Schmerz, Angst und Verlassenheit. Das Opfer ist ganz in der Hand des Täters, ist dessen Willkür, Wut, Spiellust und Vernichtungswillen ausgeliefert. Die Gewalt verwandelt die Person in ein zuckendes Stück Fleisch. Sie ruiniert den Menschen als ganzen, seinen Körper, seine Sprache, seine Seele, seinen Geist. Anders als die Marter ist die Tortur keine Technik des Tötens, sondern des andauernden Sterbens. Für den Geschundenen endet ein Teil seines Lebens. Auch wenn er die Tortur überlebt, ist die Wunde nicht mehr zu heilen.
Entgegen einer weithin verbreiteten Ansicht dient die Folter nicht zur Erpressung von Geständnissen oder Informationen. Was immer offiziell als Zweck ausgegeben wird, die Tortur ist kein Werkzeug des Verhörs. Vielmehr dient das Verhör als Mittel der Tortur. Denn die Pein soll das Opfer nicht zum Reden, sondern zum Schweigen bringen. Mit der Moderne hat sich die Folter vom Auftrag der Wahrheitsfindung emanzipiert. Sie erprobt physische Reaktionen, ruft den Schmerz hervor und bringt den Gepeinigten zum Schreien. Sein Inneres wird nach außen gekehrt, seine Sprache im Schmerz erstickt. Daher ist die Folter keine Methode der Straf- oder Gesinnungsjustiz. Die Präparation eines Gefangenen für eine Befragung ist meist nur ein Vorwand für Quälereien, die um ihrer selbst willen exekutiert werden.
Der Schmerz ist der Wahrheit abträglich. Aussagen von Gefolterten sind gefährlich und irreführend. Inhaftierte Mitglieder konspirativer Gruppen wissen nur wenig und können daher kaum etwas verraten. Einige Menschen, die etwas wissen, ertragen die Pein und sagen nichts. Die allermeisten indes kapitulieren. Sie lügen und gestehen Taten, die sie nicht begangen haben, beschuldigen Unschuldige und erfinden Verbrechen, die gar nicht geplant sind. Um der Qual zu entkommen, sagt der Gefolterte alles, was er sagen soll, ob es stimmt oder nicht. So bringt die Tortur Unschuldige ins Verderben und rettet die Schuldigen, welche dem Schmerz widerstehen.
Zwar gelten auch im neuen Terrorkrieg noch die alten Konventionen des Staatenkriegs. Aber der Krieg ist kein Duell vor neutralem Tribunal. Er ist ein Instrument der Macht. Über den Sieg entscheidet nicht das Recht, sondern die Gewalt. Der Sieg gehört nicht dem Gerechten, sondern dem Stärkeren. Nicht Werte verschaffen Überlegenheit, sondern Feuerkraft, Disziplin und Kampfgeist. Die Moral jedoch nimmt Schaden, wenn der Sinn für Gerechtigkeit schwindet und Grausamkeiten ungesühnt bleiben. Gegen Terrorkrieger und Massenmörder genügen die altbewährten Geheimtaktiken des Krieges vollauf: List und Tarnung, Infiltration und Prävention, Aufklärung und Überfall.
Wolfgang Sofsky, Professor für Soziologie, lebt als Privatgelehrter in Göttingen. In seinen Büchern "Die Ordnung des Terrors" oder "Traktat über die Gewalt" hat er sich mit der Anthropologie der Gewalt beschäftigt.
Welt.de: Artikel erschienen am 1. Juni 2004