'오즈'에 해당되는 글 1건
- 2004.11.20 :: Die Suche nach Israel
Die Suche nach Israel
Wer hätte nicht gern einen solchen Biographen: Außenminister Joschka Fischer gratuliert Amos Oz zur Verleihung des diesjährigen "Welt-Literaturpreises"
von Joschka Fischer
Während eines nächtlichen Wachdienstes im Kibbuz in den fünfziger Jahren diskutiert der junge Amos Oz mit seinem Freund Efraim über die Feindschaft zwischen Israelis und Arabern. Schnell wird das Gespräch grundsätzlich. Efraim, ein unabhängiger Denker, stellt fest: "Es ist ganz einfach: Wenn nicht hier - wo dann ist das Land des jüdischen Volkes? Unter dem Meer? Auf dem Mond? Oder steht nur dem jüdischen Volk, unter allen Völkern der Erde, als einzigem kein eigenes kleines Heimatland zu?"
Diese Begründung für die Daseinsberechtigung Israels hat Amos Oz damals überzeugt. Aber wesentliche Fragen blieben für ihn unbeantwortet: Was ist Israel? Worin liegt sein besonderer Charakter, worin seine Einzigartigkeit? Wo sind seine Wurzeln zu finden? Wie und warum funktioniert das Leben in diesem ungewöhnlichen Land?
Niemand scheint intensiver nach Antworten auf diese Fragen gesucht zu haben als Amos Oz. Diese Suche durchzieht sein ganzes Werk wie ein roter Faden. Seit seinem ersten Roman, dem 1968 erschienenen "Mein Michael", begleitet und reflektiert er sein Land und dessen Entwicklungen literarisch. Amos Oz' Geschichten und Figuren zeugen von der Vielfalt, von der Kreativität, von der Individualität der Menschen seines Landes Israel.
Seine Werke sind somit auch sprechende Zeugnisse der Gesellschaftsgeschichte einer außergewöhnlichen Nation, sind Teil seiner Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Lebenswirklichkeit Israels, dieses großartigen und gleichzeitig so schwierigen Land. Dies war und ist das zentrale Thema seines schriftstellerischen Werkes.
Immer wieder macht Oz uns beides bewußt: die Kreativität und Energie einerseits und die fortwährenden Spannungen und die Angst, die in Israel herrschen, andererseits. Seit Jahrzehnten leben die Menschen in seinem Land unter einer reellen, unter einer greifbaren Bedrohung. Sie leben mit einer kollektiven und existentiellen Sorge um die Zukunft, die über allem und über allen schwebt. Von seinen Anfängen bis heute ist die Politik in Israel "eine Frage von Leben und Tod", wie es Amos Oz formuliert. Und uns als nicht-israelischen Lesern will Amos Oz dieses komplizierte Land mit all seinen Kontrasten und seinem schwierigen Umfeld nicht nur verständlich machen, sondern er will Sympathie wecken für dieses Israel, sein Israel.
Und dies gelingt ihm. Es gelingt ihm auf ganz besondere Weise in seinem jüngsten Werk, der "Geschichte von Liebe und Finsternis". Hier zeichnet er anhand seiner Familiengeschichte die Entstehung Israels und seine Staatsgründung nach - eine Entwicklung, die so eindringlich aufgeschrieben ist, daß man sich ihr kaum entziehen kann.
Nach jahrhundertelanger Unterdrückung und Diskriminierung der europäischen Juden und auf der Flucht vor dem immer deutlicher werdenden, menschenverachtenden Antisemitismus in Europa - und vor allem im damaligen Deutschen Reich - beschlossen die Großeltern von Amos Oz in den dreißiger Jahren ins Heilige Land, das Land ihrer Vorfahren, auszuwandern. Sie taten dies mit Zehntausenden anderer Juden aus ganz Europa. Nie mehr Opfer zu sein - das war ihre Vision, das war ihre Hoffnung, als sie den Boden des Landes betraten, den ihre Vorväter verlassen hatten. "Dort im Land, das den Vätern so kostbar, werden alle Hoffnungen wirklich. Dort laßt uns leben, dort laßt uns schaffen, ein Leben in Reinheit, ein Leben in Freiheit." So lautet ein hoffnungsvolles Lied der zionistischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Aber frohen Herzens zogen sie nicht. Oz beschreibt uns seine Eltern und Großeltern als Menschen, deren Liebe zu Europa nicht erwidert wurde. Die sich zutiefst enttäuscht abwenden und auswandern in ein kleines Gebiet unter britischer Mandatshoheit am östlichen Rand des Mittelmeers. Und die auch in der neuen Umgebung die Sehnsucht nach der alten Heimat nie verläßt. Sie stammen aus Rußland, aus Polen, Litauen - aus Odessa, Wilna und Rowno; gebildete, entschiedene und bewußte Europäer, die weit über die Grenzen ihrer Heimatländer hinausblicken konnte. Amos Oz stellt fest: "In den zwanziger und dreißiger Jahren waren die Juden die einzigen Europäer in ganz Europa."
Aber Europa, der Kontinent, der, wie es Amos Oz formuliert, bis zu ihrem Tod "ihre ganze Liebe und Sehnsucht war", hat es ihnen nicht gedankt. Es wollte sie und ihre Liebe nicht. In Zeiten des kruden, eines aggressiven Nationalismus hatte ihre Weitsicht keinen Platz. Es ist die traurige Wahrheit, daß diejenigen Juden, die mit Europa brachen und sich voller Bitterkeit und Wehmut aus der vertrauten Umgebung lösten, ihr Leben damals retten konnten. Diejenigen aber, die an Europa glaubten, so sehnsüchtig glaubten, für die es unvorstellbar schien, ihr Europäertum aufzugeben, mußten dies in dem Horror der Schoa mit ihrem Leben und dem Leben ihrer Familien bezahlen - so beispielsweise der einzige Bruder des Vaters von Amos Oz, der mit seiner ganzen Familie von den Nationalsozialisten ermordet wurde.
Auch für jene, die sich schweren Herzens für die Auswanderung entschlossen, waren die Umstände dieses neuen Lebens alles andere als einfach: Der karge, fremde Landstrich bot für das europäische bürgerliche Judentum ungeahnte Härten. Gebraucht wurden zur Urbarmachung und Entwicklung Bauern und Handwerker - nicht Literaturwissenschaftler, nicht Schriftsteller, Anwälte oder spezialisierte Handelsunternehmer. So konnte Oz' wissenschaftlich qualifizierter und umfassend gebildeter Vater froh sein, daß er eine bescheiden bezahlte Stelle als Bibliothekar bekam. Alles war anders: Das Geld war immer knapp, die Wohnung war winzig. Und selbst die Sprache war neu: Man mußte plötzlich lernen, den Alltag hebräisch auszudrücken - einer Sprache, die den meisten bislang fast nur aus der Synagoge bekannt war.
Amos Oz beschreibt, wie sich in diesem Kontext eine Gesellschaft herausbildet, in der Menschen aus den verschiedensten kulturellen Hintergründen sich arrangieren, ja zusammenwachsen müssen. Dieses weltoffene, vielsprachige, belesene Bürgertum fängt an, ein neues Land aufzubauen. Dabei durchleben sie nicht nur materiell schwierige Zeiten. Sie sind voller Trauer um zurückgebliebene Angehörige und Freunde, voller Entsetzen über die Nachrichten, die über die antisemitischen Greueltaten der Nazis bekannt wurden. Voller Sorge und Angst vor der Zukunft, aber auch voller Erleichterung über das Entkommen, voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Amos Oz ist ein Erzähler ohne Pathos. Das gilt nicht nur für die "Geschichte von Liebe und Finsternis", es gilt für sein gesamtes Werk. Er romantisiert nicht. Seine Darstellungen sind eher sachlich, manchmal sogar desillusionierend. So schildert er auch seine Kindheit. Er beschreibt sie nüchtern als "tragisch, aber nicht unglücklich". Die Ehe seiner Eltern war schlecht, die Kommunikation zwischen den Generationen schwierig, die materielle Situation bescheiden. Aber trotz der Enttäuschungen, trotz aller Mißverständnisse und trotz großer Sprachlosigkeit - Amos Oz schildert uns seine Familie mit großer Liebe. Er läßt uns nachvollziehen, unter welch schwierigen Bedingungen sich ihr Leben in den Anfangsjahren Israels gestaltete, welche Traumata sie zu bewältigen hatte.
Politisch war die Familie von Amos Oz einem gelehrten, bürgerlich-konservativen Zionismus verpflichtet. Eine Schlüsselfigur für diese Ausrichtung ist sein Großonkel Joseph Klausner, einer der einflußreichen Gestalter des frühen Israel, Dichter und Präsidentschaftskandidat. Das zionistische Sendungsbewußtsein Klausners und seines Umfelds, die tief empfundene Verehrung für Menachem Begin prägen Amos Oz. In dieser Atmosphäre entwickelt sich seine politische Sensibilisierung.
Aber die altmodischen, oft pathetischen Reden und Parolen wollten nicht recht passen zur bescheidenen, ja armseligen Umgebung, zu den Sorgen und Entbehrungen des Alltags in Jerusalem. "Ich spürte", so schreibt Amos Oz, "daß daran etwas faul war." Es gab Unbehagliches, Beklommenheiten in diesem neuen Leben. Immer wieder beschlich die Menschen ein Gefühl des "Lebens im Abseits". Ein Gefühl, das ihn an den russischen Autor Anton Tschechow erinnert. Als ob es auf der Welt Orte gebe, "an denen sich das wahre Leben abspielt, weit weg von hier, im Europa vor Hitler". Sie hingen einer Illusion nach. Als Jugendlicher wächst bei ihm die Enttäuschung über die Diskrepanz der alteuropäischen Geisteshaltung und dem wirklichen Leben. Wenige Jahre später, mit 15, bricht er aus der Geschlossenheit seines europäisch-jüdischen Elternhauses aus in das neue, das "moderne" Israel. Er vertauscht den idealistischen Bildungshorizont jüdisch-europäischen Bürgertums mit dem wirklichen Leben im Kibbuz. Jahrelang hat er dort gearbeitet und unterrichtet. Nach seinem Wehrdienst nahm er am Sechs-Tage-Krieg und am Jom-Kippur-Krieg teil. Eine Biographie voller Extreme, ein Lebenslauf, wie er typischer für sein Land Israel nicht sein könnte.
Amos Oz ist von diesen Gegensätzen geprägt: von der altjüdischen Gelehrsamkeit seiner Familie, von der Aufbaumentalität des Kibbuz und von der Kriegserfahrung in der israelischen Armee. Vielleicht durchdringt deswegen seine Sehnsucht nach einem normalen Leben für sein Volk und sein Land alle seine Werke. Aber nicht nur in seinen Romanen wird dies deutlich: Denn in gewisser Hinsicht ist Amos Oz auch Politiker. An den wahrhaft existentiellen Diskussionen über die Zukunft Israels beteiligt er sich wortgewandt, laut und vernehmlich. Er ist davon überzeugt, daß der Staat Israel gesichert werden muß. Aber dieses Sichern darf nicht bedeuten, daß andere Völker unterworfen werden. Als aktives Mitglied, ja Mitbegründer der Bewegung "Peace Now" versucht er, in diesem Sinne Druck auf die Regierung auszuüben.
Für ihn und seine Bewegung heißt das Ziel die friedliche Koexistenz zweier unabhängiger Staaten. Bis heute hält er unbeirrbar daran fest. Bis heute ist "Peace Now" ein zentrales Element der israelischen Friedensbewegung und damit ein gewichtiger Faktor in der Nahostpolitik.
Jahrzehntelang haben er und seine Mitstreiter den israelisch-palästinensischen Dialog gepflegt und sich dabei weder von größten Spannungen noch von bürokratischen Schwierigkeiten beeindrucken lassen. Mit Massendemonstrationen protestierten ihre Anhänger gegen den Krieg im Libanon. Mit Massendemonstrationen unterstützten sie die Politik von Jizchak Rabin. Daß heute die Mehrheit der israelischen Bevölkerung das Prinzip eines unabhängigen Staates der Palästinenser, der friedlich Seite an Seite mit Israel lebt, als richtig versteht, ist auch der politischen Arbeit von "Peace Now", ist auch Amos Oz zu verdanken. Oz sieht Israelis und Palästinenser als zwei Kinder eines mißhandelnden Vaters. "Europa, das die Araber durch Imperialismus, Kolonialismus, Ausbeutung und Unterdrückung erniedrigte, ist dasselbe Europa, das auch die Juden verfolgte und unterdrückte und schließlich die Deutschen gewähren ließ oder sogar unterstützte, als sie darangingen, die Juden aus allen Teilen des Kontinents zu verschleppen und fast vollständig zu ermorden."
Daß dies nicht zwangsläufig zum Schulterschluß der Opfer führt, liegt für ihn auf der Hand: "Es ist ein sentimentales Wunschdenken, daß sich die Verfolgten und Unterdrückten solidarisieren und geeint auf die Barrikaden gehen, um gemeinsam gegen ihren grausamen Unterdrücker zu kämpfen." Das Dilemma sieht er vielmehr in der Tatsache, daß Israelis wie Palästinenser legitime Anliegen hätten. Der Nahostkonflikt ist für ihn ein "tragischer Konflikt zwischen Recht und Recht" - so Amos Oz -, der nur durch einen schwierigen Kompromiß gelöst werden kann, einen Kompromiß, der eine gemeinsame Zukunft ermöglicht.
Bis heute ist Amos Oz eine zentrale, oftmals unbequeme Figur innerhalb der israelischen Friedensbewegung. Seine Worte haben Gewicht. Sein Urteil hat Gültigkeit. Ein idealistischer Pazifist ist er nicht - eher ein nüchterner, pragmatischer Visionär. In seinen Augen ist Frieden für Israel überlebensnotwendig. Der Weg dorthin muß eingeschlagen werden, um der immer schwerer werdenden Belastung zweier Gesellschaften zu entkommen. "Ein pragmatischer Friede in einer unvollkommenen Welt" - so beschreibt Amos Oz seine Vision. Dieser pragmatische Frieden kann aber nur funktionieren, wenn beide Staaten sich gegenseitig akzeptieren und anerkennen. Ihre Existenz muß dauerhaft gesichert sein. Das ist für ihn die Grundvoraussetzung für ein weiteres Miteinander.
Bei aller Sachlichkeit seiner Analyse - Oz spricht mit leidenschaftlicher, bisweilen sogar sehr leidenschaftlicher Stimme. Er sucht mit großem Engagement machbare Lösungen für ein Ziel, das - so fern es auch sein mag - ihm immer vor Augen schwebt. Er ist für uns eine Ermunterung, es ihm gleich zu tun.
Eine der bewegendsten Szenen in dem letzten großen Buch von Amos Oz, "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis", ist die Schilderung des Weges zur Staatsgründung Israels. Er schreibt über die bange Erwartung in Jerusalem, die der Abstimmung in der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 29. November 1947 über den Teilungsplan vorausging. Eine Zustimmung zu diesem Plan durch die Vereinten Nationen implizierte die internationale Anerkennung des Staates Israel.
In den Wochen zuvor wuchs bei Familie und Freunden die Nervosität und die Spannung: Würden die Briten das Land wirklich verlassen? Sollten sie angesichts der kommenden Ungewißheit am Ende nicht lieber bleiben? Würde die nötige Zweidrittelmehrheit der Uno für eine Zwei-Staatenlösung wirklich zustande kommen? Welche Bedrohung stellt die Arabische Liga und ihre Kriegsrhetorik dar? Eindringlich berichtet Oz über den Moment der Verkündung des Ergebnisses. Eine große Menschenmenge wartete nachts vor dem einzigen Radiogerät der Straße, atemlos, wie versteinert. Der Sprecher las vor, wie jedes Land abgestimmt hatte. Dann das Endergebnis: 33 Ja-Stimmen, zehn Enthaltungen, 13 Nein-Stimmen. Der Teilungsplan war angenommen. Oz beschreibt die Reaktion der Menschen in seiner Straße als furchtbaren Schrei, "ein Schrei, als hätte sich für alle bereits Getöteten und alle, die noch getötet werden würden, in diesem einen Augenblick ein Fenster zum Aufschreien geöffnet, das gleich wieder zuschlug. Und schon im nächsten Moment lösten diesen ersten Schrei des Grauens laute Freudenrufe ab, ein wildes Gewirr von heiseren Schreien und ,Das Volk Israel lebt'."
Aber Oz schildert auch, wie die Palästinenser auf den angenommenen Teilungsplan reagieren: "Sie hörten die Jubelrufe aus den Straßen der Juden, standen vielleicht am Fenster und blickten auf die paar Freudenfeuerwerkskörper, die das Himmelsdunkel zerrissen, preßten die Lippen zusammen und schwiegen. Sogar die Papageien schwiegen."
Aber selbst wenn es noch so große Auseinandersetzungen und viele Tote auf dem Weg zum eigenen Staat geben sollte: Die internationale Gemeinschaft hatte entschieden. Israel war von diesem Augenblick an Teil der Nationen, war akzeptiert auf der Weltkarte und damit ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Völkergemeinschaft.
Wir Deutsche - auch das ist den Büchern von Amos Oz immer wieder zu entnehmen - können der Verantwortung für unsere Geschichte nicht entkommen und stehen deshalb in besonderer Verantwortung auch zu Israel. Sie erwächst aus unserer historischen und moralischen Verantwortung für die nationalsozialistische Diktatur und für die Schoa. Diese Tatsache ist und bleibt bestimmend für das Verhältnis unserer beiden Länder. Für uns Deutsche steht das Existenzrecht Israels völlig außer Frage. Es ist alternativlos. Unsere Solidarität mit Israel ist unerschütterlich. Unsere Haltung zum Terrorismus im Nahen Osten ist eindeutig: Der Terror gegen die Menschen in Israel muß ein Ende haben. Wir sind mitverantwortlich dafür, daß die Bürgerinnen und Bürger Israels in Frieden und Sicherheit leben können. Unser Dialog mit Israel ist eng und vertrauensvoll. Und er umfaßt die Vergangenheit wie die Zukunft.
Nach Jahrzehnten dieses tragischen Konflikts, nach Jahrzehnten voller Gewalt und Terror liegen die Lösungsoptionen für den israelisch-palästinensischen Konflikt heute klarer denn je auf dem Tisch, aber sie scheinen uns immer weiter zu entrücken. Für uns bleibt die Zweistaatenlösung alternativlos. Die Road Map zeichnet den Weg zu ihr vor. Und nur wenn die Umsetzung gelingt, wird es die Chance auf einen dauerhaften Frieden nicht nur zwischen Israel und den Palästinensern geben, sondern dies gilt dann für die ganze Region. Davon bin ich fest überzeugt.
Der israelische Disengagement-Plan, dem die Knesset vor zwei Wochen zugestimmt hat, bietet die Chance zu einem Einstieg in einen neuen politischen Prozeß - wenn, ja wenn der Rückzug aus Gaza im Kontext der Road Map stattfindet und mit der palästinensischen Seite und der internationalen Gemeinschaft so koordiniert wird, daß eine chaotische Entwicklung vermieden werden kann. Unter diesen Voraussetzungen sind wir, zusammen mit unseren Partnern in der Europäischen Union, bereit, diesen Prozeß wirksam, nachhaltig und mit aller Kraft zu unterstützen.
Amos Oz erhält den Literaturpreis der WELT 2004 für sein gesamtes Lebenswerk - besonders aber, und dafür kann ich den Juroren nur gratulieren, für sein jüngstes Werk "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis". "Dieser Roman", so heißt es in der Begründung der Jury, "ist eines jener Bücher, wie sie ein Schriftsteller, ein Jahrzehnt und eine Nation nur einmal hervorbringt." Recht hat die Jury. Dieser Begründung kann ich mich deshalb nur anschließen. Sie sind in Deutschland ja schon seit längerer Zeit ein gefeierter Autor und sind bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet worden - darunter der Friedenspreis des deutschen Buchhandels und im letzten Jahr erst der Geschwister-Korn- und Gerstenmann-Preis. Es freut mich aber besonders, daß Ihnen der WELT-Literaturpreis 2004 für dieses großartige und bewegende Buch zugesprochen wird.
"Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" ist ein großes Werk. Es verbindet Ihre Familiengeschichte mit der Geschichte Ihres Landes. Sie lassen uns teilhaben an dem Schicksal Ihrer Eltern und Großeltern und damit gleichzeitig am Schicksal Ihrer Nation, am Schicksal Israels. Man könnte Ihr Buch fast eine Nationalbiographie nennen. Und uns Lesern wird die Nation vertraut über Ihre persönliche Geschichte und die Geschichte Ihrer Familie. Man möchte den Staat Israel richtiggehend beglückwünschen zu einem solchen Biographen.
Verehrter, lieber Amos Oz, Ihnen gratuliere ich herzlich zu dieser wichtigen Auszeichnung und verbinde meine Gratulation mit dem Wunsch, daß die literarische Meisterschaft und die historische Botschaft dieses großartigen Buches möglichst viele Leserinnen und Leser auch in unserem Land finden möge. Lassen Sie mich allerdings mit dem ganz persönlichen Dank eines langjährigen Lesers an einen großartigen Autor und Menschen schließen.
Artikel erschienen am Sa, 20. November 2004
'알아서 남주자 > aktuell' 카테고리의 다른 글
Schulmädchen auf dem Altar (0) | 2004.12.10 |
---|---|
다국적 곡물 자본, 한국 밥상을 점령하다 (0) | 2004.12.02 |
‘자율’이라는 이름의 천민성 (0) | 2004.11.20 |
바그다드를 흐르다 (0) | 2004.11.13 |
Arafat beigesetzt (0) | 2004.11.13 |