1963년생 작가 토르 쿤켈의 새 소설이 로볼트에서 출간 결정이 났다가 마지막 순간에 취소되었다는데... 나치 시대 위생연구소(?) 과학자의 포르노 제작자로서의 이중생활을 다룬 소설이라고 한다. Welt지와 인터뷰에서 쿤켈은 자기 소설이 미국에서 나왔다면 새로운 시도라고 환영받았을 텐데... 하며 불만을 터뜨린다. (예술은 특정 역사적 사회적 조건에서 자유로울 수 없다...ㅠㅠ) 로볼트의 출간취소 결정은 미학적 견지가 아닌 '이데올로기'적 견지에서 이루어졌다고 한다. 대체 어떤 소설이길래?
"Es wurde unter ideologischen Gesichtspunkten lektoriert" Der Autor Thor Kunkel zur Rücknahme seines Romans "Endstufe" über die NS-Pornoindustrie durch den Rowohlt Verlag
In letzter Minute haben der Rowohlt Verlag und sein Chef Alexander Fest Thor Kunkels Roman "Endstufe" zurückgezogen (WELT v. 1./2. 2.). Das Buch handelt von Wissenschaftlern des SS-Hygieneinstituts, die ein Doppelleben als Pornofilm-Produzenten führten. Mit Kunkel sprach Iris Alanyali.
Die Welt: Was sind die "inhaltlichen und ästhetischen Fragen", über die Sie und der Verlag "keine Einigung erzielen" konnten?
Thor Kunkel: Ich hatte ab einem gewissen Punkt den Eindruck, dass hier unter ideologischen und nicht ästhetischen Gesichtspunkten lektoriert wurde. Und das habe ich als Schriftsteller als Bevormundung empfunden. Ich bin 40 Jahre alt, ich weiß, was ich schreibe.
Die Welt: Man wirft Ihrem Roman Amoralität vor.
Kunkel: Ich habe ja schon im "Schwarzlichtterrarium" eine Position bezogen, die ich vielleicht mit Houllebecq in Frankreich vergleichen würde. Damals hat man das akzeptiert.
Die Welt: Welches Problem hat der Verlag mit "Endstufe"?
Kunkel: Alexander Fest hat "Endstufe" gelobt. Doch er meint, ich verträte einen "Biologismus, der die Welt als Resultat von triebhaftem Protoplasma" beschreibt. Nur hat die jüngere Generation eben nicht diese Berührungsängste mit Technologie wie die Älteren. Ich sehe durchaus die positiven Seiten der Biotechnik. Machen wir uns doch nichts vor: In den USA und England laufen ähnliche Experimente ab wie unter den Eugenikern des Dritten Reiches. Es wird gemendelt und experimentiert ...
Die Welt: ... aber nicht an Menschen!
Kunkel: Die medizinischen Versuche wurden damals unter fürchterlichen Umständen gemacht, an Menschen aus den Konzentrationslagern.
Die Welt: Man darf in Houllebecq'scher Manier über Sex schreiben. Aber eben nicht über den Nationalsozialismus. Vielleicht musste man Sie in diesem Fall vor sich selber schützen.
Kunkel: Deutschland ist ein ganz normales europäisches Land. Ich finde nicht, dass wir zu verschämten geistigen Gartenzwergen erzogen werden müssen. Wir sind Demokraten und Europäer. Und ich bin ein Autor, der, wenn er glaubt, ein Sachverhalt müsse deutlich gemacht werden, das in klaren Worten tut. "Endstufe" ist in einer modernen Sprache geschrieben. Es ist kein historischer Roman, sondern man hat das Gefühl, das Dritte Reich ist quasi um die Ecke. Wir müssen uns mit dem Gedankengut, das damals aufkam - nicht im politischen, sondern im wissenschaftlichen Bereich - auseinander setzen.
Die Welt: Vielleicht aber nicht so positivistisch, wie Sie das tun.
Kunkel: Der Roman hat eine visionäre Dimension. Wenn man Behauptungen darüber aufstellt, was gentechnisch in 50, 60 Jahren möglich sein wird, dann befürwortet man doch diese Entwicklung nicht auch automatisch. Ich verstehe mich als Mahner, deshalb fühle ich mich moralisch im Recht. Wir können doch nicht den Spielraum, mit Gedanken zu experimentieren, den der Roman als vielleicht letztes Medium im 21. Jahrhundert noch bietet, auch noch den Regeln der Konformität unterwerfen.
Die Welt: Sie beschreiben das Doppelleben von Wissenschaftlern des SS-Hygieneinstituts als Porno-Produzenten.
Kunkel: Ich habe mir da eine Nischengesellschaft ausgesucht, die wie ein Schleimtropfen unterm Mikroskop die Gesellschaft spiegelt: diese völlige Ignoranz der Verbrechen vor der eigenen Haustür. Das Interesse für die eigene Karriere. Man lernt eine Art jeunesse dorée des Dritten Reiches kennen, für die der ganze Horror von Kriegsgeschehen und Holocaust nur als Nebengeräusch im Hintergrund abläuft. Das habe ich ganz bewusst so angelegt, weil es dadurch umso schockierender wirkt. Das ist doch besser, als die Klischees und Allgemeinplätze herunterzubeten. Ich bin Künstler. Ich muss Neues wagen.
Die Welt: Und wenn Sie dem deutschen Durchschnittsleser zu viel zutrauen?
Kunkel: Wir können nicht so tun, als wären wir nicht erwachsen. Wäre ich ein amerikanischer Autor, hätte man in Deutschland gesagt: Was für ein kühner Entwurf des Geistes.
Die Welt: Der Skandal ist nicht das Schlechteste, das dem Roman passieren konnte.
Kunkel: Ich hoffe, Sie haben Recht. Ich habe drei Jahre wie ein Idiot gearbeitet und glaube, einen Roman geschrieben zu haben, über den man diskutieren kann und soll.